NEAERA gingen aus der Münsteraner Band Malzan hervor. Schon nach knapp über einem Jahr konnte man einen Vertrag bei Metal Blade Records einheimsen, was trotz des momentanen Metalcore-Booms wohl außerordentlich ist. Und das Debut-Album "The Rising Tide Of Oblivion", das ab 21. März in den Läden steht, kann auch einiges: Brettharter und trotzdem melodischer und von altem Schwedentod (Hehe) beeinflusster Metalcore, der ziemlich abwechslungsreich rüberkommt und die Tradition guter deutscher Bands fortsetzt.

Stellt Euch doch bitte mal kurz vor. Wer macht was in und außerhalb der Band und wer muss sich mit diesen Fragen hier rumschlagen?

Benny: Hey, also Neaera sind : Tobias Buck (Gitarre),Benjamin Donath (Bass),Sebastian Heldt(Drums),Stefan Keller (Gitarre) und ich, Benny Hilleke (vocals)....außerhalb der Band sind wir alle mehr oder weniger aktive Studenten und Schüler :-) .Das Interview machen heute Toby und ich zusammen .

Wie fing bei Euch denn alles an? Wie habt Ihr Euch mit harter Musik infiziert? Vermutlich irgendein älterer Bruder, der Deep Purple und Led Zeppelin-Platten im Zimmer rumfahren hatte?!

Toby: Ich bin tatsächlich über meinen älteren Bruder zu der Musik gekommen. Angefangen hat es bei mir allerdings mit Hardcore, bis ich dann irgendwann beim Metal hängengeblieben bin.

Benny: Ich hatte zwar keinen älteren Bruder, aber bei mir war die Entwicklung ähnlich. Ich bin auch über den Hardcore zum Metal gekommen.

Was war der entscheidende Kick, der Euch zur Gründung einer Band veranlasst hat? Einfach Spaß an der Sache, zuviel Kreativität oder der Traum vom Rockstar-Dasein?

Toby: Ich hatte lange Zeit in in einer Death Metal Band namens Malzan (Kult Name! - Stefan) gespielt, wollte dann aber irgendwann mehr Melodien einbauen. Da der Sound von malzan eher chaotischer Death war entschied ich mich ein Sideproject zu gründen, das heutige Neaera. Ich stieg bei Malzan aus und widmete mich von da an nur diesem ursprünglichen Sideproject zusammen mit Benny und Sebastian .Nachdem Malzan sich irgendwann komplett auflöste, stiegen meine damaligen Malzan Bandkollegen Benjamin (Bass) und Stefan (Gitarre) auch bei Neaera mit ein

Von der Gründung NEAERAs bis zum Vertrag mit MetalBlade verging nicht viel Zeit. Setzt Euch das in irgendeiner Weise unter Druck, dass es in der Art weitergehen muss? Gibt es irgendeinen Traum, den Ihr Euch mit der Band erfüllen wollt?

Toby: Einen wirklichen Druck von außen gibt es in dem Sinne nicht. Es gibt eher einen bandinternen Druck... MetalBlade ist ein riesen Label mit herausragenden Bands und man möchte natürlich nicht als peinlicher Fehlgriff dastehen.

Benny: Eine dicke Tour wäre schon ne feine Sache !

Was könnt Ihr mit dem Begriff „Metalcore“ anfangen?

Toby: Kenn ich.

Benny: Dass der Begriff Metalcore bei vielen Leuten mittlerweile den  Brechreiz einläutet, ist mehr als verständlich. Sobald irgendwo nur der geringste "Mosher" im Ansatz zu erkennen ist, fällt es unter diese Bezeichnung. Es ist momentan nun mal (leider) ein Überbegriff unter den viele Bands fallen. Was früher z.B. als "Melodic Death Metal" durchging, ist halt heute Metalcore. Kürzlich hab ich einen Artikel gelesen in dem sogar Nasum als Metalcore bezeichnet wurde... oh Mann.

Wenn wir die Bezeichnung einfach mal so stehen lassen: Wo führt diese ganze Aufregung um Metalcore noch hin? Befürchtet Ihr einen kurzlebigen Trend, der nach einer Weile wieder im tiefen Untergrund verschwinden wird?

Benny: Die Bezeichnung wird sicherlich genauso schnell wieder verschwinden wie sie aufgekommen ist. Das gilt aber nicht unbedingt für die Bands. Ich denke, die Qualität setzt sich durch. Sogenannte Metalcore Acts wie z.B. Unearth oder Killswitch Engage sind musikalisch einfach zu gut, als dass diese in ein paar Jahren im totalen Untergrund verschwinden würden. Leider schließen viele Leute mittlerweile von vornherein die Ohren, sobald eine Band  als Metalcore-Act angepriesen wird; man kann es einem bei dieser Band-Überflutung allerdings auch nicht verübeln... ein Problem, mit dem wir uns sicherlich auch noch abfinden müssen, denn wir werden größtenteils auch als Metalcore bezeichnet.

Könnt Ihr schon Anzeichen für eine Übersättigung der „Szene“ an „Metalcore“-Bands ausmachen?

Benny:  Sicherlich gibt es eine Übersättigung, aber wirkliche Anzeichen, dass ich ich dachte "oha... jetzt isses soweit", sind mir bislang nicht begegnet :-)

Die Grenzen zwischen Metal und Hardcore verwischen im Rahmen der „Metalcore“-Hysterie immer mehr. Habt Ihr einen Hardcore oder doch eher einen Metal-Hintergrund?

Toby: Unsere Hintergründe sind extrem gemischt. Ich habe eher einen Hardcore Hintergrund, der sich im Laufe der Zeit halt zum Metal entwickelt hat. Unser anderer Gitarrist Stefan kommt von Anfang an aus der Metalszene und hat schon in etlichen Metalkapellen gespielt.

Begegnet Ihr heute noch Vorbehalten von beiden Seiten, wie es sie früher gab (z.B. wegen kurzer Haare oder „zu viel Metal“)?

Benny: Wir sind sicherlich für viele Hardcoreshows zu metallisch ,wir spielen zwischendurch auch immer wieder mal auf Metalshows.Wir hatten kürzlich einen Gig zusammen mit God Dethroned und anderen lupenreinen Death Metal Bands, bei dem wie zu erwarten auch eher "Kuttenpublikum" anzutreffen war. Zitat eines Zuschauers: "Als ich euren Sänger mit den kurzen Haaren gesehen habe, dachte ich: Das kann ja nix werden... aber nach ein zwei Songs musste ich meine Meinung dann doch ändern." Ich würde mir meine Haare sogar lang wachsen lassen, aber wer mich schon mal gesehen hat weiß, dass mein Kopf dann eher einer Poree-Staude ähneln würde, ha,ha :-)

Wirklichen Vorbehalten sind wir allerdings bisher nicht begegnet. Da mach ich aber keine Gedanken... die werden noch kommen :-)

Ist der schwedische Death Metal aus den frühen Neunzigern für „Metalcore“ tatsächlich so wichtig wie immer behauptet wird?

Toby: Auf jeden Fall! Ohne die schwedischen Bands und Platten wie "Slaughter of the soul" würde es den Metalcore nicht geben!

Welche Bands würdet Ihr als Eure hauptsächlichen Einflüsse benennen? Gibt es auch Einflüsse oder Vorbilder in textlicher Hinsicht?

Toby: Unsere wichtigsten Einflüsse sind : Edge of Sanity, At The Gates, Amon Amarth, Unanimated und Unearth.

Benny: Vorbilder in textlicher Hinsicht gibt es nicht wirklich...

Ungefähr Mitte bis Ende der Neunziger (und teilweise auch noch heute) gab es sehr viele Bands aus diesem Bereich, die religiöse Texte hatten (Zao, Overcome, Luti-Kriss…) oder den Straight Edge-Lifestyle vertraten. Wie wichtig sind im Metalcore die Texte? Worum drehen sich grob umrissen Eure Texte (Lyrics waren in der Promo-Version nicht beinhaltet)?

Das kommt auf die Band an. Wenn ich z.B. als Band nach außen hin zeige,  dass ich mich dem Straight Edge verbunden fühle, dann finde ich es cool, wenn sich das auch in den Texten wiederfindet!

Benny: Unsere Texte handeln von vielen Themen. So richten sich einige Texte gegen den Missbrauch von Frauen oder Kindern, andere beschäftigen sich mit der Machtausnutzung der Religionen. Letztendlich versteht man bei dem ganzen Geschrei und Gegrunze eh kein Wort, also wer Interesse an den texten hat, sollte am besten ins Booklet schauen, ha ha.   

Metalcore wurde, wie der Name schon sagt, auch vom Hardcore beeinflusst, welcher oft als ziemlich politisch angesehen wird. Sollte Metalcore bzw. Musik im Allgemeinen einen politischen Anspruch haben oder haltet Ihr das Gerede von einer „Vorbildfunktion“ von Musikern und der damit einhergehenden „Verantwortung“ für übertrieben?

Toby: Ich denke, wenn die Band politisch was zu sagen, sollte sie das auch tun! Es gibt keinen Grund sich dann hinter der Politik zu verstecken.

Benny: Sehe ich ähnlich, solange es nicht auf ein stumpfes "ey world fuck you" hinausläuft !

Gehört Kickboxen zu Metalcore?

Benny: Ha,ha... geile Frage ! Anscheinend schon. Wir hatten mal in Innsbruck ne wirklich vorbildliche Show, bei der sowohl viele Metalheads als auch Metalcore-Kids anwesend waren. Das war wirklich der Hammer: Die Metalheads konnten die Matten schwingen und wenn die fertig waren präsentierten die Kids ihre Moves. Und so lief das die komplette Show hindurch.

Das war´s! Vielen Dank, dass Ihr Euch für die Beantwortung Zeit genommen habt. Irgendwelche letzten Worte?

Benny: Wir haben zu danken! Wir möchten uns an dieser Stelle auch nochmal bei den Leuten bedanken, die uns so kräftig supporten. Stay Metal!

(Tobi)